Die Elite der Vermögensverwalter 2011

im deutschsprachigen Raum

Seien Sie auf Draht

Sie stehen sich fast unversöhnlich gegenüber: Hier diejenigen unter den Vermögensverwaltern, die es gewohnt sind, zu beraten, zu verkaufen und dafür ihre Provisionen einzustreichen. Dort das Häuflein der angeblich Aufrechten, die gegen Honorar ihren Rat verteilen und am Verkauf nicht extra verdienen. Die Finanzkrise hat beide Gruppen in Anhänger unterschiedlicher Glaubensbekenntnisse geteilt, für die der jeweils andere fast alles falsch macht. Sie hat die Provisionsgetriebenen in die Nähe jener gierigen Bankmanager gestellt, denen das eigene Portemonnaie so viel näher ist, als das Risiko, das sie für ihre Bank oder ihren Kunden eingehen. Und sie hat den Honorarberatern auf der anderen Seite einen Heiligenschein aufgesetzt. Dabei spielt es keine Rolle, dass Kunden im Fall eines finanziellen Misserfolgs als Folge falscher Beratung staunen werden, welche Honorare sie dafür zahlen.

Der ideologische Grabenkrieg wird verstärkt durch eine Politik, die sich aufgefordert sieht, ihrerseits Konsequenzen aus der Finanzkrise zu ziehen. Die nicht zulassen kann, wenn Gewinne privatisiert, aber Verluste sozialisiert werden. Die deswegen im Verein mit den Notenbanken und Aufsehern die Daumenschrauben anzieht und im Quartalsabstand neue Forderungen ausbrütet: Mehr Eigenkapital, ein Bankenrettungsfonds, eine stärkere Haftung von Gläubigern – all das sind Maßnahmen, die das Finanzsystem tatsächlich sicherer machen können. Beratungsprotokolle für Bankkunden, wie sie der Gesetzgeber in Deutschland seit diesem Jahr vorschreibt, gehören dagegen zu jenen Anti-Krisen-Werkzeugen, die mehr dem politischen Aktionismus als dem Sachverstand entsprungen sind. Oder haben Sie schon mal etwas nicht gekauft, was Sie unbedingt haben wollten, weil Sie auf Seite 277 der allgemeinen Geschäftsbedingungen einen Haken entdeckt haben? Nicht? Eben.

Vermögensverwalter brauchen weder Vorschriften für Modelle, wie sie sich bezahlen lassen, noch brauchen sie politisch eingefädelte Regeln, wie sie beraten und ihre Arbeit dokumentieren sollen. Vermögensverwalter brauchen nur eines: zufriedene Kunden. Solche, die das Gefühl haben, von ihrem Berater, der ihr Vermögen erhalten soll, so ernst genommen zu werden, wie von ihrem Hausarzt, der ihre Gesundheit erhält. Und genauso wie der Hausarzt nicht ständig eine neue Medizin verschreibt oder gleich zur Operation rät, muss auch der Vermögensberater erst dann ein neues Produkt oder eine neue Strategie empfehlen, wenn es den Bedürfnissen seines Kunden entspricht. Ein Berater darf keine Kurzschlüsse produzieren, aber er muss auf Draht sein. Kein Kunde wird sich von einem solchen Berater übervorteilt fühlen – egal ob er gegen Honorar oder auf Provision bezahlt wird, ganz gleich ob mit Protokoll oder ohne. Schade, dass sich das noch nicht überall herumgesprochen hat. Es sparte uns einige Diskussionen.

Elite Report-Herausgeber Oliver Stock, Chefredakteur Handelsblatt Online

Elite Report-Herausgeber Oliver Stock, Chefredakteur Handelsblatt Online